Dienstag, 20. Januar 2015

Der Mann und die Mauer

Da war einmal diese Mauer, diese Mauer mit der Schlingpflanze, die in einem wunderschönen grün leuchtete, wenn die Sonne darauf schien, diese Mauer an der stetig ein Mann hockte und nichts vergaß.
Der Mann hatte eine große Leidenschaft und er hatte einen großen Traum, doch er hatte nichts, womit er dem nachgehen konnte.
Das, was er hatte war eine Decke aus Lumpen zusammengeknüpft, um die Nacht zu überstehen und diese Mauer, an der er nächtlich, ja, oft auch täglich lehnte.
Er hasste diese Mauer und er hasste diese Decke, denn es gab nichts mehr im Leben, das ihn noch hätte mit Freude erfüllen können. Ihm wurde alles genommen!
Täglich ging er in die Städte um Athena und wartete dort auf beistand, damit er Geld für Nahrung erhalten konnte. Doch er hasste das Warten und er hasste den Beistand, denn es gab nichts mehr für ihn, das mit Sinn erfüllt war.
Einmal vor langer Zeit war die goldene Blüte des Landes in höchster Pracht erstrahlen. Einmal, vor langer Zeit wurde er überhäuft mit Reichtum man schätzte seine Anwesenheit, man verachtete die Armen. Doch einmal vor langer Zeit war er Teil jener großen Pracht und nun saß er jeden Tag, der Stadt Athenas nahe, in einer Ecke gekauert, um bat um beistand, bat um Nahrung, mit dem einzigen Reichtum seines Lumpenfetzens.
Doch einmal, als er an seiner vertrauten Mauer hockte, kam ein kleines Mädchen an ihm vorbei.
Sie sah den man liebevoll an und streichelte die Schlingpflanze, welche die Mauer so sehr liebte.
Der Mann war sehr verwundert, denn bisher hatte nur verachtende oder verurteilende Blicke zu Gesicht bekommen – bis auf einmal vor langer Zeit.
Doch das Mädchen lächelte. Sie setzte sich zu ihm, in die prallende Sonne Griechenlands und seufzte voller Freude.
„Heute ist ein wunderschöner Tag.“ sagte das kleine Mädchen und sah den Mann lächelnd entgegen. „Die Sonne ist so schön, so strahlend gold und ihre Pflanze habe ich sofort gesehen. Sie ist wirklich wunderschön, genau so wie diese goldene Mauer“ das Mädchen strahlte, sie schien entzückt zu sein und der Mann, der ein großes Herz für Kunst und Poesie hatte war zutiefst berührt, doch er verstand das Mädchen nicht.
„ Diese Mauer strahlt nicht.“ sagte er verbittert. „Sie verkauert und zerfällt irgendwann.“, so wie auch ich, fügte er in Gedanken zu, doch das Mädchen war am strahlen. „Goldenes Licht zerfällt nicht“ sagte sie, es gedeiht. Und ist es wichtig, dass diese Mauer irgendwann zerfällt? Ist es nicht viel wichtige zu sehen, wie schön sie jetzt strahlt, in diesem Moment in diesem Schein der Sonne?“
Der Mann war sprachlos, er wusste, dass das Mädchen recht hatte, dass es nichts brachte sich über die Zukunft zu sorgen, weil dann andere Möglichkeiten, andere Wege gefunden werden und vielleicht sogar eine neue wunderschöne Mauer entsteht.
Das Mädchen sah ihn mit großen Augen an. „ So, wie es mit der Zukunft ist, so ist es auch mit der Vergangenheit, es lohnt sich nicht, sich ständig damit zu befassen, es ist bereits geschehen. Nur in der Gegenwart kannst du alles ändern, alles machen und alles genießen.“.
„Aber, was soll ich denn bitte noch machen?“ fragte der Man und war erstaunt darüber, dass er diese Frage einem Kind stellte.
„Sei einfach dankbar für das Gold“ sprach das Mädchen und sah hinauf in die Sonne.
Sie lächelte den Mann an und hüpfte voller Freude davon, doch zuerst streichelte sie die Schlingpflanze an dieser wunderschönen goldenen Mauer, die im Licht der Sonne erstrahlte.
Der Mann verstand das Mädchen, er versuchte sie zu begreifen und so nahm er sich vor alles zu verbessern, vor allem sich selbst.
Er versuchte nun für alles Dankbar zu sein, selbst für seinen Lumpen. Er versuchte liebevoll mit sich selbst umzugehen und änderte seine verbitterten Gedanken und er war dankbar für diese wundervolle Mauer, denn sie hatte ihm das Mädchen geschickt und erinnerte ihn immer wieder, es war ein sehr heißer Sommer, an das Gold, von dem das Mädchen sprach.
Im laufe der Zeit saß er nicht mehr in den Ecken, in den Städten um Athena, sondern bat seine Hilfe an, freute sich über alles, was er geschafft hatte, wenn er half, ja, er wurde ein kostenloser Arbeiter, doch er hatte sonst auch nichts zu tun. Und so kam es, dass die Menschen anfingen ihn zu mögen und zu schätzen. Nicht wegen seines Geldes, denn das besaß er nicht. Das war auch nicht wichtig, denn er war glücklich mit dem was er tat und mit den Menschen, bei denen er sein durfte.
Große Freundschaften entwickelten sich, er bekam eine Unterkunft und musste nicht mehr für sein Essen betteln, doch jeden Tag ging er an der Mauer spazieren und dankte ihr für ihr goldenes Dasein und das große Geschenk, das sie mit sich brachte, doch das Mädchen hatte er nie wieder gesehen.


Eins muss ich noch erwähnen. Dieser Mann hatte irgendwann die Mittel, um seiner Leidenschaft nachzugehen, welche die Kunst und die Poesie waren.
Und irgendwann wurde er damit zu den bekanntesten Dichter und Philosoph an den Städten Athena, den es zu dieser Zeit gab. Er war frei, denn er hatte etwas gefunden, womit er sein Leben lang – egal was für Umstände oder Situationen in sein Leben kamen – was ihn glücklich machte, nicht wegen seines Erfolges, sondern durch die Erkenntnis der Macht in jedem Augenblick glücklich sein zu können.
Dies war die Fähigkeit, die er weitergab und dies war der Sinn der ihn erfüllte, mit reiner Liebe – sein Leben lang ♥.




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